Auf wie viele Wellen in der CORONA-Pandemie sollen wir noch warten?

Unser Kreisvorsitzender und Fraktionsvorsitzender im Sächsichen Landtag Rico Gebhardt meint:

Ob die 3. Welle die letzte in dieser Pandemie sein wird, darüber streiten sich noch die Virologen. Klar ist, dass wir nach mehr als einem Jahr in und mit der CORONA-Pandemie immer noch nicht die Immunisierung der Menschen erreicht haben, die notwendig wäre, um mit dem Virus „umgehen“ zu können. Die Kommunikation der Regierenden wird immer mehr zum größten Hemmnis. Es bleibt bei immer mehr Menschen vor allem ein Gefühl zurück: „Sie wissen nicht was sie da tun.“ Kritik und Proteste am Kurs der Pandemiebekämpfung nehmen zu. Die Geduld der „Gutwilligen“, also von denen, die sich bisher an die Regeln gehalten haben, die sich selbst eingeschränkt haben, um nicht sich und andere zu gefährden, sinkt.

Was haben wir bisher getan? Die Linksfraktion im Sächsischen Landtag hat sich in Rücksprache und Abstimmung mit der Landespartei immer nach dem Motto gerichtet: Gesundheitsschutz zuerst. Hierbei haben wir die Landesregierung unterstützt. Insbesondere, wenn es um Angriffe gegen diese von uns als richtig und notwendig eingestufte Politik ging. Wir haben als immer darauf Wert gelegt, dass es um die soziale Absicherung derer gehen muss, die unter den getroffenen Maßnahmen an meisten leiden, egal, ob es die betroffenen Kurzarbeiter*innen, die geringfügig Beschäftigten oder die Einzelhändler*innen, Künstler*innen oder Hoteliers waren.

Wir haben auch immer darauf gedrungen, dass das Parlament in die Entscheidungen einbezogen werden muss. Immer darauf, dass die Pandemiekrise nicht zu einer Demokratiekrise gerät. Aber da waren wir einsame Rufer*innen in der Wüste, auch wenn es „leise“ Unterstützung von den Grünen im Landtag gab. Wir haben auch immer die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen hinterfragt, insbesondere die Grundrechtseingriffe. Seit längerem fordern wir Perspektiven, langfristige Strategien, Gesamtkonzepte von der Landesregierung und eine größtmögliche Beteiligung von Betroffenengruppen, Stichwort: Runde Tische. Auch beim Impfen waren wir es, die bereits am 7. Januar 2021 die Einbeziehung der Hausärzt*innen in die Impfstrategie gefordert haben. Jetzt am 6. April 2021 hat sie landesweit endlich begonnen, auch wenn es immer noch an ausreichend Impfstoff mangelt.

Die zunehmend stattfindenden öffentlichen Proteste sind keine Proteste, die eine LINKE unterstützen sollte. Vieles erinnert an die Situation um die Geflüchteten in den Jahren 2015/2016. DIE LINKE, auch in Sachsen, stand klar und deutlich an der Seite derer, die zu uns gekommen sind und Hilfe benötigten. Sie stand an der Seite derer, die diesen Menschen zum Teil völlig selbstlos geholfen haben. Es gab dazu auch innerhalb der LINKEN politische Auseinandersetzungen. Streit. Mitglieder haben uns verlassen. Wir haben Neue dazugewonnen. Wir haben Wähler*innen verloren. Wählerstimmen dazu gewonnen. Was blieb, ist unterm Strich ein negativ Saldo – zumindest was Wählerstimmen betrifft. Jetzt geradescheint es nicht anders.

Was sollten wir jetzt und perspektivisch tun? Tschto delat?, auf Deutsch: „Was tun?“ ist der Titel einer im Jahre 1902 erschienenen Schrift von Wladimir Iljitsch Lenin. Darin begründet Lenin durch die Betrachtung der Zusammenarbeit von Bildungsbürgertum und Arbeiterklasse innerhalb sozialistischer Parteien die Theorie der „Avantgarde des Proletariats“, die innerhalb des Marxismus-Leninismus eine zentrale Stellung einnimmt. Wir müssen in den nächsten Tagen und Wochen deutlich machen, wie wir mit den Widersprüchen innerhalb der eigenen Organisation und den zu unseren Wähler*innen umgehen wollen und wie wir uns einerseits von der Staatsregierung absetzen, um nicht als „Wurmfortsatz“ ihrer Politik zu gelten und wie wir uns anderseits von den Positionen der AfD unterscheiden, die sich als verlängerter parlamentarischer Arm der „Schreihälse“ auf der Straße verstehen.

Meine Vorschläge:

  1. Wir sollten klar machen, dass die Strategie gescheitert ist. Einseitige Eingriffe ins Privatleben und in einzelne Branchen (Einzelhandel, Kunst und Kultur, Tourismus) und die Verschonung der Wirtschaft sind gescheitert. Wir brauchen Verbindlichkeit in der Arbeitswelt und der Wirtschaft. Wenn das nicht gewollt ist oder nicht geht, dann einen 2 3 Wochen andauernden wirklichen Lockdown der gesamten Gesellschaft, bis auf das, was dringend und lebensnotwendig für eine funktionierende Gesellschaft ist.
  2. Das Pandemiemanagement durch die Runden von Kanzlerin und Ministerpräsident*innenrunden ist gescheitert. Die getroffenen Regelungen waren immer nur bei den privaten Einschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger verbindlich. Oft wurden Vereinbarungen durch die Landesregierungen nicht eingehalten. Deswegen bleibt unsere Forderung: Die zu beschließenden Maßnahmen müssen im Parlament besprochen, bestätigt und beschlossen werden!
  3. Für Selbständige ist die Krise oft das Ende der wirtschaftlichen Existenz. Alle, die weiterhin von Schließungen auf Grund des Infektionsschutzes betroffen sind, bekommen 90% ihrer entstandenen Kosten vom Staat erstattet. Außerdem soll für alle Unternehmer*innen und Soloselbständige, egal in welcher Branche, ein Mindestgehalt von 1.250 Euro pro Monat ausgezahlt werden.
  4. Bei Betriebsschließungen muss weiterhin Kurzarbeitergeld gezahlt werden. Das Kurzarbeitergeld muss für alle Beschäftigten in Kurzarbeit bei 90 Prozent liegen, im Niedriglohnbereich bei 100 Prozent.
  5. Die AHA-Regeln und die Maskenpflicht gelten für alle und überall, deswegen muss es weiterhin für bestimmte Personengruppen eine freie Ausgabe von FFP2-Maskengeben und es muss ein flächendeckendes kostenfreies Testangebot im gesamten Freistaat Sachsen geben.
  6. Es braucht die Möglichkeit einer gesellschaftlichen Debatte. Die Linksfraktion bleibt bei ihrem Vorschlag zur Etablierung von Runden Tischen, landesweite aber auch regionale. Regierung, Behörden, Wissenschaft, Interessengruppen, Betroffene müssen gemeinsam über Lösungen – auch für Wiederöffnungen – an einem Tisch (auch virtuell) sprechen, diskutieren, beraten und Vorschläge unterbreiten. Hier geht es auch um die zu erwartenden Folgekosten bzw. ‑schäden.
  7. Das Impfen hat absolute Priorität. Dem ist alles andere unterzuordnen. Es darf weder an finanziellen Mitteln noch an Personal scheitern, um die vorhandenen oder in Aussicht gestellten Impfdosen zu verimpfen. Nach der 2. Immunisierung und der bisher feststehenden wissenschaftlichen These, dass immunisierte Menschen auch nicht mehr Träger der Infektion sind, sind diese Menschen von der Testpflicht auszunehmen. Hier muss die Staatsregierung gemeinsam mit der Bundesregierung für ein einheitliches Dokument sorgen, digital und analog.